Mittwoch, 25. Juni 2014

Auf dem Gräsermarkt


Die Tage werden wieder kürzer. Gestern, am 24. Juni, schien es mir unglaublich ruhig auf Rigas Straßen zu sein. Es war Jāņi, der Johannistag, der Tag nach der Mitsommernacht, die in Lettland vom 23. auf den 24. Juni gefeiert wird. Auch ich habe gefeiert, doch davon ein anderes Mal.

Hier – vorweg – nur ein paar Aufnahmen vom Gräsermarkt am 20. Juni, der alljährlich auf dem Domplatz veranstaltet wird. Dieses Mal leider im Regen. Dennoch, auf das „Līgo-Fest“ muss sich vorbereitet werden. Und dafür ist der Gräsermarkt (Zāļu tirgus) die beste Adresse, denn hier gibt es alles, was man für ein anständiges lettisches Mitsommernachtsfest braucht: Erzeugnisse von Bauern und Handwerkern aus ganz Lettland wie hausgemachter Käse mit Kümmel oder anderen Gewürzen, Honig, geräuchertes Fleisch oder Leinensachen, Strickwaren, Holzprodukte, Bernsteinschmuck und vieles mehr. Besonders beeindruckend ist aber die Sorgfalt, mit der die Blätterkränze und Blumengirlanden geflochten werden.



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Montag, 23. Juni 2014

Doppelte Realität - eine Ausstellung mit Werken von Vija Celmiņa (Vija Celmins)

Schade, dass sie schon vorbei ist, die Ausstellung von Vija Celmiņa, oder, wie sie auf Englisch genannt wird, von Vija Celmins. Die Amerikanerin lettischer Herkunft wurde 1938 in Riga geboren und flüchtete mit ihrer Familie 1944 vor den Sowjets über Deutschland nach Amerika, wo sie bis heute lebt (New York). In den USA zählt sie zu den wichtigsten lebenden nordamerikanischen KünstlerInnen überhaupt. Hier in Riga waren ihre Werke bislang noch nie zu sehen (zumindest nach meiner Kenntnis nicht).

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Der Name der Ausstellung im Kunstmuseum Rigaer Börse "Doppelte Realität" ist Programm, denn entweder sind es unglaublich detailierte und genaue, fast immer in schwarz-weiß gestaltete Bilder mit Motiven aus Alltagsgegenständen oder Strukturen in der Natur wie beispielsweise Spinnennetze, Sternenhimmel, die Oberflächen des Ozeans, der Wüste oder des Mondes. Es sind aber auch Objekte zu sehen wie beispielsweise ein Stein, der dem daneben liegenden "echten" Stein zum Täuschen ähnlich sieht, oder überdimensionale Gegenstände wie ein Bleistift oder ein Radiergummi. Es dreht sich also immer wieder um die Wahrnehmung von Realität, um das, was wir glauben zu sehen. Ein spannendes Thema, dass mich gerade beschäftigt, da ich ja auch nach wie vor versuche, Riga mit neuen Augen wahrzunehmen. Ich muss gestehen, dass es mir bislang noch nicht so gut gelungen ist, wie ich es mir erhofft habe.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Zu den ersten Arbeiten von Vija Celmins gehörten Anfang der 1960er Jahre vor allem Gegenstände aus dem Alltag, danach begann sie Fotos, fremde und eigene, als Vorlage für Ihre Bilder zu verwenden. Ganz besonders interessant, finde ich, sind ihre Versuche von gleichen oder ähnlichen Motiven in den verschiedendsten Techniken (Gemälde, Graphit- oder Kohlezeichnungen, Schabkunstblätter, Aquatinta und Lithographien). Es scheinen sie immer wieder vor allem die kleinen, unscheinbaren, kaum sichtbaren Unterschiede zu faszinieren. 

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Ein Satz aus einem ihrer Interviews geht mir nicht aus dem Kopf: "That what you see is what is there, and what is there is what you see." Malen bzw. Zeichnen scheint für sie die konzentrierte Erinnerung an das Gesehene zu sein. Und die Auseinandersetzung damit, dass das Gesehene eine ganz persönliche Wahrnehmung ist.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Auf mich wirken die Werke von Vija Celmiņa auf der einen Seite kontemplativ, weil sie so überragend detailliert sind. Jeder Staubkorn, jeder Schatten, jede Falte wird von ihr erfasst und wiedergegeben. Auf der anderen Seite wirken die Bilder aufrüttelnd, so als würden sie einem mitteilen beziehungsweise auffordern, doch mal genauer hinzuschauen, nicht alles zu glauben, wach zu bleiben.

Diese Ausstellung ist ein echtes Highlight im Kulturhauptstadtjahr von Riga. Aber unglaublich schade, dass sie schon wieder vorbei ist, bevor der Sommer richtig angefangen hat.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014






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Samstag, 21. Juni 2014

Lettisches Bier

Nein, das hatte ich nicht erwartet, wirklich nicht. Martiņš Otto, der bereits in einem anderen Post erwähnte Fotograf, hatte bei unserem ersten Treffen vorgeschlagen, mir mal bei Gelegenheit ein paar Brauereien zu zeigen, die das beste Bier Lettlands herstellen würden. Das beste Bier Lettlands? Das kenne ich doch schon, dachte ich, und mir kamen Sorten wie "Valmiermuiža", "Užavas", "Tērvetes" oder "Piebalgas" in den Sinn, alles Biere, die man in der Regel auch von Einheimischen empfohlen bekommt, wenn man nach gutem lettischen "Alus" fragt. Und das lettische Bier schmeckt gut, die Liebe für dieses Getränk und die lange Tradition in der Herstellung macht sich auf jeden Fall in der Qualität bemerkbar.

Wir trafen uns also im "ALEhouse" in der Lačplēša iela, einer unauffälligen Kneipe mit spärlicher Einrichtung, die ich zuvor noch niemals betreten hatte. Und dann wurde ich von Andris, dem Inhaber dieses Bierlokals, erstmal aufgeklärt, welche Trends es so gibt und wo das beste Bier der Welt zu finden ist. Und ich verstand, dass ich eigentlich keine Ahnung von Bier hatte. Aha. Das beste Bier der Welt solle ausgerechnet aus Amerika kommen, wo (das hatte ich schon mal irgendwo gehört) seit einiger Zeit kleine Brauereien aus dem Boden schießen würden, weil es ein neues Gesetz geben würde, dass man erst ab einer gewissen Betriebsgröße Steuern zahlen müsse. Nun würde es zahlreiche kleine Brauerein geben, die sehr viel experimentieren und hochwertige Biere herstellen.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Mein erstes Bier war das "Punk IPA", das angeblich in der "Bierszene" berühmteste Bier Europas, wie mir erklärt wurde, und von einer Brauerei aus Schottland mit dem Namen "BrewDog" hergestellt wird. Ich kannte es vorher zwar nicht, aber es übertraf auf jeden Fall alle Biere, die ich jemals zuvor probiert hatte. Schwer zu beschreiben, der Geschmack, aber diese "Bitterheit" hatte wohl mit der Menge und Qualität des Hopfens zu tun. Um mich kurz zu fassen: Danach probierte ich noch ein paar Schluck von Bieren mit klingenden Namen wie "Ale Smith IPA" von der AleSmith Brewing Company in San Diego (USA) und "Mikkeler Beer Geek Bacon" von Mikkeler in Dänemark (das tatsächlich nach geräuchertem Schinken schmeckte).

Das nach Andris Aussagen angeblich allerbeste lettische Bier - das hauseigene "ALEhouse Black Sheep" - war leider nicht vorrätig. Es wird wohl erst wieder im Herbst produziert, wenn Andris nach Holland fährt und dort sein ALEhouse-Bier brauen lässt. Die seltsamste Erfahrung war dann aber, bevor wir gingen, das "Spiritus-ALEhouse", ein hochprozentiges Getränk aus Andris' eigener Produktion. Schnaps mit Biergeschmack war mir zuvor wirklich noch nie begegnet.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Und dann - etwas Bekanntes! Nicht weit von meiner Wohnung mit den Panoramafenstern kaufe ich immer in Geschäften der "Valdemāra Pasāža" (Valdemara Passage) ein, doch dieses Mal führte mich Martiņš in den Verkaufsshop der bereits weiter oben erwähnten Brauerei "Valmiermuiža". Ich fühlte mich irgendwie bestätigt und nahm gerne ein paar Schluck von jeder der vier Biersorten zu mir, zwei hellen und zwei dunklen Bieren, jeweils gefiltert und ungefiltert. Wenigstens kann man dieses Bier auch in einem Supermarkt kaufen, dachte ich, und außerdem kostet es nicht, wie einige der Spitzenbiere im ALEhouse, zwischen vier und zehn, sondern "nur" anderthalb Euro.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
 Wir blieben nicht lange und gingen stattdessen nur ein paar Schritte weiter, wo es, ebenfalls in der Valdemara Passage, im zweiten Stock des Gebäudes den unter jungen Leuten in Riga sehr bekannten und beliebten Club "Piens" gibt, der unter anderem auch das Milchfest organisiert (siehe Post "Rigas Nordlicht"). Direkt darunter, und das wusste ich nicht, existiert seit Herbst 2013 die Minibrauerei "LABIETIS". Eine Besonderheit im "LABIETIS" ist, dass der Brauprozess hinter einer Glasscheibe für die Besucher sichtbar gemacht wird.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
 Und die können hier mehr als acht Biersorten probieren, sei es ein Bier im Stil eines amerikanischen "IPA" oder ein Bier, das mit einheimischen Kräutern versetzt wurde, zum Beispiel "Plava" (Wiese). Ein toller Ort mit fantastischem Bier, den ich ganz sicher im Sommer noch einmal besuchen werde. Doch an diesem Abend konnte ich zu dem Zeitpunkt keine großen Unterschiede mehr feststellen. Zuviel des Guten ist nie gut, und so war ich froh, dass es zu meiner Wohnung nicht mehr weit war. 

Geblieben ist mein Eindruck, dass der amerikanische Trend, in kleinen Brauereien Spitzenbier mit den ungewöhnlichsten Geschmacksrichtungen herzustellen, auch in Lettland angekommen ist, und dass lettisches Bier mit den besten Bieren der Welt auf jeden Fall mithalten kann.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014









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Dienstag, 17. Juni 2014

Ziemeļblāzma– das Nordlicht von Riga


Die Zeit vergeht schnell und steht nicht still. Eine ganze Woche lang habe ich nichts von mir hören lassen, bin sozusagen untergetaucht, in Riga, wo man sich gerade auf den Höhepunkt des Jahres vorbereitet, denn am kommenden Wochenende beginnen die Mitsommernachtsfeiern, die für die meisten Bewohner Lettlands eine viel größere Bedeutung haben als Weihnachten und Ostern. Viel habe ich zu berichten, weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, denn ich war unter anderem nun endlich im ehemaligen KGB-Haus, in der Vija Celmiņa-Ausstellung, in der Ausstellung „Fields“ für digitale Kunst, war auf einer sogenannten Bierprobe, aber auch auf dem Milchfest, von dem ich zuerst berichten möchte. 


Neue Aspekte in Riga kennen zu lernen war und ist ja mein Ansporn, und damit verbunden möchte ich natürlich auch Orte besuchen, die mir bislang noch nicht bekannt waren. Einer davon ist „Vecmīlgrāvis“, ein eigentlich ziemlich trostloser Stadtteil im Norden von Riga mit verkommenen Plattenbauten, in denen überwiegend Hafenarbeiter mit ihren Familien wohnen. Dass es hier ein Alkoholproblem gibt, ist unverkennbar, und dass es hier nicht viel mehr gibt als das Notwendigste wie einen Supermarkt, ist auch nicht überraschend. Man erwartet allerdings auf keinen Fall einen der schönsten und größten Veranstaltungssäle Rigas. Das ist aber der Fall. Mitten in einem Wohngebiet erhebt sich der Kulturpalast „Ziemeļblāzma“, ein frisch renovierter Bau aus den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, weiß und hochaufragend, von einem ca. 5 ha großen Park umgeben.

   
Man fragt sich natürlich sofort, warum gerade an dieser Stelle, etwa eine halbe Stunde vom Zentrum Rigas entfernt, solch ein gigantischer Bau errichtet wurde. Es war der Mäzen Augusts Dombrovskis, der dem Alkoholfreien Verband „Ziemeļblāzma“ (Nordlicht) im Jahr 1903 ein Grundstück schenkte und in den folgenden Jahren den Kulturpalast nach seinen Vorstellungen errichtet ließ. Ein einheitlicher Stil ist nicht wirklich erkennbar, der Einfluss des Jugendstils ist aber nicht zu übersehen. Dombrovskis Ziel war die Zugänglichkeit zu Kultur und Bildung für die einfache Bevölkerung vor Ort, die sich darüber hinaus in dem Park erholen durfte, getreu nach Dombrovskis Motto: „Durch Wissen zu einem klaren Geist, durch die Kultur zu einem klaren Geist, durch gesunde Lebensführung zu einem klaren Geist“.
Augusts Dombrovskis
Anlass für meine Fahrt nach Vecmīlgrāvis war das diesjährige Milchfest, das aber überhaupt nichts mit Milch zu tun hat. Es wird schlicht und einfach seit 5 Jahren von der Bar bzw. dem Club „Piens“ (Milch) in Riga durchgeführt und fand in diesem Jahr zum ersten Mal rund um den Kulturpalast „Ziemeļblāzma“ statt. Es ist eigentlich nichts weiter als ein ziemlich großes Familienfest mit viel Musik, dessen Bandbreite zumindest dieses Mal von lettischer Chormusik (Neuer Chor "Kamēr…") über Jazzbands (Big Band des Lettischen Radios) bis hin zu den experimentellen Klängen der lettischen Gruppe „Shipsi“ reichte. Eine interessante Gruppe, die zwischen meditativen Klängen und heftigem Krach etliche Sounds hervorbrachte, die ich zuvor noch nicht gehört habe. Spannend und ein echter „Geheimtipp“, wie ich finde.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014
Ansonsten: Spiele für Kinder, ein Outdoor-Barbier, viel Essen, Spazieren, das Übliche, wie immer.... Und, ebenfalls wie so oft: wo waren die Russen? Ich fürchte, genau so wird es auch zur Mitsommernacht sein. Dass die Russen mit den Letten feiern, habe ich schon mal gehört, aber noch nie gesehen. Das würde ich wirklich gerne einmal erleben...
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Dienstag, 10. Juni 2014

Lange Nacht der Kirchen

Am vergangenen Freitag wurde in Riga zum ersten Mal die „Lange Nacht der Kirchen“ durchgeführt, nach österreichischem Vorbild, wo landesweit mittlerweile über 700(!) Gemeinden teilnehmen. Immerhin 42 Kirchen unterschiedlicher christlicher Konfessionen erklärten sich in Riga bereit, zwischen 18 und 24 Uhr ihre Türen zu öffnen. Mit lautem Kirchengeläut begann es Punkt 17.50 Uhr, danach folgten Gottesdienste, Konzerte, Vorträge, Lesungen, Führungen oder Theaterstücke. Später, bei einbrechender Dunkelheit, wurden Kerzen aufgestellt, gebetet und die „lange Nacht“ besinnlich beendet.

Eingangsportal Johanniskirche

Gospelchor in der Reformierten Kirche
Neugierig mischte ich mich unter die überraschend zahlreich erschienenen Besucher, erlebte einen irgendwie fröhlichen aussehenden russisch-orthodoxen Priester mit einem Weihrauchkessel die sich vor ihm demütig verbeugenden Gläubigen weihen, applaudierte einem etwas bemüht beschwingten Gospelchor in der Reformierten Kirche, beobachtete ehrgeizige Hobbyfotografen, wie sie in allen Ecken und Nischen des Doms ihre Erinnerungsbilder schossen und hörte aufmerksam der Musik von „Ex Animo“ in der Jakobikirche zu.

Besichtigung im Dom
Jakobikirche
Die jeweilige Stimmung in den Kirchen schien mir noch unterschiedlicher zu sein als sonst, und vor allem fiel mir wieder mal auf, wie gespalten die Gesellschaft in Lettland doch ist, in der jeder Dritte russische Wurzeln hat. Kein Wort Russisch war in einer evangelischen oder katholischen, kein Wort Lettisch in einer russisch-orthodoxen Kirche zu hören. Die Letten und Russen feierten diese Nacht mehr oder weniger für sich, ohne neugierig die Kirche der Andersgläubigen zu betreten. Das war zumindest mein Eindruck (vielleicht irre ich mich ja) und denke, Interesse am „Unbekannten“ müsste doch der eigentliche Sinn dieser lettischen Version einer „langen Nacht der Kirchen“ sein.

Aber vielleicht war dieser Abend ja ein erster Schritt in die richtige Richtung. Vermutlich. Ich jedenfalls habe Lust bekommen, mir demnächst mal die Kirchen außerhalb des Stadtzentrums genauer anzusehen.
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Sonntag, 8. Juni 2014

Kulturpavillon „Esplanade 2014“

Einer meiner Lieblingsorte in Riga ist eigentlich der „Vērmanes dārzs“ (Wöhrmannscher Garten). Er liegt zwischen Altstadt und Neustadt und wurde als erster Park der Stadt bereits im Jahr 1817 eröffnet, nachdem die Namensgeberin Gertrud Wöhrmann (geborene Ebel, 1750-1827) ihr Grundstück zur Verfügung gestellt und mit einer großzügigen Spende die Gestaltung der Fläche ermöglicht hatte. Mit seiner hölzernen Estrade, in der regelmäßig Konzerte stattfinden, zahlreichen Skulpturen, einem großen Spielplatz und dem mit Kinderfiguren ausgestatteten Brunnen des Bildhauers August Volz lockt er tagtäglich unzählige Besucher an. Hierhin kam ich während meiner bisherigen Aufenthalte sehr oft und sehr gerne.

Doch nun macht der Nachbarpark, die „Esplanāde“ (Esplanade), dem „Vērmanes dārzs“ große Konkurrenz! Eigentlich ist die bis 1812 als Exerzierplatz genutzte Fläche bei weitem nicht so hübsch angelegt, aber seit Anfang Mai steht hier der Kulturpavillon „Esplanade 2014“ (Kultūras vasarnīca „Esplanāde 2014”), ein temporärer Bau aus Gerüstteilen, in dem man sich nicht nur über die aktuellen Veranstaltungen informieren, sondern auch tolle Leute treffen kann. Oder man bestellt sich was zu trinken, liest in lettischen Büchern, nutzt das kostenlose Internet und kommt einfach mal zur Ruhe – um dann wieder neue Pläne zu schmieden. Regelmäßig finden hier auch Gespräche mit Künstlern bzw. Kulturschaffenden statt, außerdem werden am Abend Kinofilme gezeigt, zuletzt „The Artist“ und „The Slumdog Millionaire“.





Ein schöner Ort, der mir sehr gefällt. Hier habe ich auch Mārtiņš Otto wiedergetroffen, den ich neulich im Pressezentrum der Stiftung Riga2014 kennenlernen durfte. Ein fantastischer Fotograf, der die meisten Bilder für die Riga2014 macht (viel besser als diese hier von mir). Wir werden demnächst gemeinsam etwas unternehmen, davon aber später mal mehr...




Auf den Kulturpavillon schaut übrigens ein Mann in Stein, der mit zu verantworten hat, dass Lettland nun ein unabhängiger Staat ist: Der bedeutendste Schriftsteller Lettlands, Rainis (eigentlich Jānis Pliekšāns, 11.09.1865-12.09.1929), war einer der geistigen Führer der „Neuen Strömung“, der Nationalbewegung Lettlands, die sich für die Unabhängigkeit des Landes einsetzte (die dann im Jahr 1918 tatsächlich erreicht wurde, zumindest vorübergehend). Ihm zu Ehren versammeln sich an seinen Geburtstag im Rahmen des nationalen Dichterfestes zahlreiche Anhänger vor seinem Denkmal.
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Dienstag, 3. Juni 2014

Endlich da!


Viele Grüße aus Riga, der Kulturhauptstadt Europas 2014!

Ich freue mich sehr, auf dieser Webseite als „Stadtschreiber von Riga“ in den kommenden vier Monaten über meinen Aufenthalt in Lettlands Hauptstadt berichten zu können! Seit einigen Tagen bin ich nun vor Ort und habe in dieser Zeit meine neue Wohnung bezogen sowie Projekte geplant, die ich im Laufe des Sommers umsetzen möchte.

Meine Grundhaltung für die gesamte Zeit ist folgende: Ich möchte Riga aus möglichst vielen neuen, mir noch unbekannten Perspektiven kennenlernen. Als Autor von mehreren Reiseführern kenne ich die Stadt natürlich recht gut, vielleicht sogar zu gut. Es hatte sich zuletzt sogar eine gewisse Routine eingeschlichen, wenn ich durch die Straßen ging: „Aha, hier ist ein neues Hotel, ach ja, und das Museum hat geänderte Öffnungszeiten, und hier, das Jugendstilgebäude ist endlich renoviert worden....“ Es gibt sicher interessantere Beschäftigungen in Riga, wie man sich denken kann.

Auch während meines Hinfluges dachte ich die ganze Zeit daran, dass ich von nun an eine neue Sicht auf Riga entwickeln müsse. Als ein „Zeichen“ interpretierte ich dann auch die Tatsache, dass das Flugzeug überraschenderweise auf der entgegengesetzten Seite der Landebahn aufsetzte als bislang üblich. Irgendwie fühlte ich mich in diesem Augenblick in meinem „Vorhaben“ bestätigt.

Dass meine Wohnung im 7. Stock liegt und mit einem grandiosen Panoramablick auf das Stadtzentrum ausgestattet ist, gefällt mir außerordentlich. Ich sehe mich schon am Fenster sitzen und über die „Seele von Riga“ philosophieren. Bezeichnenderweise wurde das Gebäude in den 80er Jahren für Schriftsteller und Journalisten erbaut...

Mehr als Philosophie interessieren mich aber die Veranstaltungen im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas. Gerade jetzt im Sommer strebt das Kulturhauptstadtjahr seinem Höhepunkt entgegen, und die Organisatoren der Stiftung Riga2014 haben wirklich sehr viel auf die Beine gestellt. Eines meiner ersten Ziele wird das ehemalige KGB-Haus in der Brīvības iela (Freiheitsstraße) sein, das seit Anfang Mai für Besucher geöffnet ist. Man kann hier wohl nicht nur die unverändert gelassenen Räumlichkeiten besichtigen, sondern auch mehrere Ausstellungen betrachten, die das Thema von unterschiedlichen Seiten beleuchten...

In diesem Sinne hoffe ich, dass auch ich es schaffe, die Stadt Riga mit ihrer spannenden Geschichte und Gegenwart von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten und damit, das ist das Wichtigste, interessierten Lesern ein Stück weit näher zu bringen.
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