Samstag, 27. September 2014

Abschied und Rückkehr

Meine Zeit als Stadtschreiber von Riga geht dem Ende entgegen. In ein paar Tagen werde ich meine Sachen zusammenpacken und zurück nach Deutschland fliegen. Aber ich komme wieder, sogar sehr bald, denn im Oktober und November habe ich als Autor von Reiseführern in Riga, Lettland, dem Baltikum und auch in St. Petersburg zu tun.

Die Abschlussveranstaltung im Goethe-Institut am vergangenen Dienstag mit Lesung und anschließendem Gespräch mit Anna Muhka von der Stiftung Riga 2014 und Jonas Büchel vom Urban Institute Riga war aus meiner Sicht erstaunlich gut besucht. Für mich war es eine ganz neue Erfahrung, eigene Texte vor einem Publikum zu lesen. Besonders gespannt war ich auf die Reaktion der Zuhörer auf die Kurzportraits von Menschen, die in Riga leben. Es hat mich gefreut, einige positive Rückmeldungen erhalten zu haben. Ich würde das "Projekt" nämlich gerne fortsetzen, und vielleicht habe ich ja bis zum kommenden Sommer genug Texte beisammen, dass man daraus eine kleine Publikation machen kann. Vor allem Riga-Besuchern könnten die Portraits einen tieferen Einblick in das Alltagsleben in Riga vermitteln.

Ein kleines Missverständnis möchte ich an dieser Stelle kommentieren. Eine Zuhörerin verstand mich während des Podiumsgesprächs wohl falsch. Sie warf mir hinterher vor, dass ich angefangen hätte, Russisch zu lernen, als ich in diesem Sommer nach Riga kam. Wäre es tatsächlich so gewesen, hätte ich ihre Reaktion verstanden. Doch in Wahrheit lernte ich bereits während meines ersten Riga-Aufenthalts 1999 Russisch, und zwar aus familiären Gründen. Später begann ich dann damit, Lettisch zu lernen, was zugegebenermaßen nur sehr langsam vonstatten ging. Während meines Aufenthalts in diesem Sommer nahm ich Lettisch- und nicht Russisch-Unterricht.

Riga, diese schöne Stadt an der Mündung der Daugava in die Ostsee, ist mir wieder einmal ein großes Stück näher gekommen, oder ich ihr. Mit dem sicheren Gefühl, die Stadt eigentlich schon recht gut zu kennen, kam ich Ende Mai an, und musste bereits im Juni feststellen, dass ich eigentlich immer noch ein Fremder, ein Außenstehender bin. Doch durch die Vielzahl an interessanten Menschen, die ich in dieser Zeit kennenlernen durfte, aber auch durch neue Orte, die ich in diesem Sommer erstmals besuchte, fühle ich mich in Riga so wohl wie niemals zuvor. Es fiele mir sehr schwer, von dieser Stadt Abschied zu nehmen, wüsste ich nicht, dass ich auch in Zukunft häufig da sein werde.

Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014

Ein würdiger Abschluss war da das Gemeinschaftskonzert des Kammerorchesters Sinfonietta Riga und des Berliner Andromeda Mega Express Orchestra im Konzertsaal "Riga" der Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Jānis Liepiņš am vergangenen Freitag (26. September). Die Veranstaltung wurde übrigens vom Goethe-Institut Riga initiiert und gefördert, das speziell für dieses "Großorchester" einen Komponistenauftrag an den Komponisten Daniel Glatzel vergeben hatte. Das Ergebnis war eine spektakuläre Mischung aus Klassik-, Jazz-, BigBand-, Filmmusik-, Freejazz, Elektronikmusik- und Avantgardemusikelementen. Eine spannendes Ereigniss, dass nach Wiederholung ruft.

Nicht wiederholt wird aller Voraussicht nach die Position des Stadtschreibers in Riga. Schade. Aber ganz sicher wird es in Zukunft andere Möglichkeiten geben, den kulturellen Austausch zwischen Lettland und Deutschland zu fördern. Der ist nämlich wichtig für beide Seiten, gerade jetzt, in Zeiten der Ukraine-Krise.

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