Sonntag, 28. September 2014
Stadtschreiber im Ostseemagazin auf Radio NDR 1 Welle Nord
Am 25. September veröffentlichte der Radiosender NDR 1 Welle Nord im Ostseemagazin einen Beitrag der Journalistin Birgit Johannsmeier über mich als Stadtschreiber.
Hier kann man mal reinhören
ab Min. 13:50, mit freundlicher Genehmigung von "NDR 1 Welle Nord Ostseemagazin"
Samstag, 27. September 2014
Abschied und Rückkehr
Die Abschlussveranstaltung im Goethe-Institut am vergangenen Dienstag mit Lesung und anschließendem Gespräch mit Anna Muhka von der Stiftung Riga 2014 und Jonas Büchel vom Urban Institute Riga war aus meiner Sicht erstaunlich gut besucht. Für mich war es eine ganz neue Erfahrung, eigene Texte vor einem Publikum zu lesen. Besonders gespannt war ich auf die Reaktion der Zuhörer auf die Kurzportraits von Menschen, die in Riga leben. Es hat mich gefreut, einige positive Rückmeldungen erhalten zu haben. Ich würde das "Projekt" nämlich gerne fortsetzen, und vielleicht habe ich ja bis zum kommenden Sommer genug Texte beisammen, dass man daraus eine kleine Publikation machen kann. Vor allem Riga-Besuchern könnten die Portraits einen tieferen Einblick in das Alltagsleben in Riga vermitteln.
Ein kleines Missverständnis möchte ich an dieser Stelle kommentieren. Eine Zuhörerin verstand mich während des Podiumsgesprächs wohl falsch. Sie warf mir hinterher vor, dass ich angefangen hätte, Russisch zu lernen, als ich in diesem Sommer nach Riga kam. Wäre es tatsächlich so gewesen, hätte ich ihre Reaktion verstanden. Doch in Wahrheit lernte ich bereits während meines ersten Riga-Aufenthalts 1999 Russisch, und zwar aus familiären Gründen. Später begann ich dann damit, Lettisch zu lernen, was zugegebenermaßen nur sehr langsam vonstatten ging. Während meines Aufenthalts in diesem Sommer nahm ich Lettisch- und nicht Russisch-Unterricht.
Riga, diese schöne Stadt an der Mündung der Daugava in die Ostsee, ist mir wieder einmal ein großes Stück näher gekommen, oder ich ihr. Mit dem sicheren Gefühl, die Stadt eigentlich schon recht gut zu kennen, kam ich Ende Mai an, und musste bereits im Juni feststellen, dass ich eigentlich immer noch ein Fremder, ein Außenstehender bin. Doch durch die Vielzahl an interessanten Menschen, die ich in dieser Zeit kennenlernen durfte, aber auch durch neue Orte, die ich in diesem Sommer erstmals besuchte, fühle ich mich in Riga so wohl wie niemals zuvor. Es fiele mir sehr schwer, von dieser Stadt Abschied zu nehmen, wüsste ich nicht, dass ich auch in Zukunft häufig da sein werde.
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Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014 |
Ein würdiger Abschluss war da das Gemeinschaftskonzert des Kammerorchesters Sinfonietta Riga und des Berliner Andromeda Mega Express Orchestra im Konzertsaal "Riga" der Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Jānis Liepiņš am vergangenen Freitag (26. September). Die Veranstaltung wurde übrigens vom Goethe-Institut Riga initiiert und gefördert, das speziell für dieses "Großorchester" einen Komponistenauftrag an den Komponisten Daniel Glatzel vergeben hatte. Das Ergebnis war eine spektakuläre Mischung aus Klassik-, Jazz-, BigBand-, Filmmusik-, Freejazz, Elektronikmusik- und Avantgardemusikelementen. Eine spannendes Ereigniss, dass nach Wiederholung ruft.
Nicht wiederholt wird aller Voraussicht nach die Position des Stadtschreibers in Riga. Schade. Aber ganz sicher wird es in Zukunft andere Möglichkeiten geben, den kulturellen Austausch zwischen Lettland und Deutschland zu fördern. Der ist nämlich wichtig für beide Seiten, gerade jetzt, in Zeiten der Ukraine-Krise.
Dienstag, 16. September 2014
Abschlussveranstaltung als Stadtschreiber
Lyrik im herbstlichen Riga
Freitag, 12. September 2014
Anleitung zum Busfahren für Deutsche in Riga
Schon einen Tag zuvor hatte ich mich über drei Russen aufgeregt, die auf dem Hof einer Grundschule nicht nur an den Turngeräten Kraftübungen machten (das geht ja noch), sondern ihren Flüssigkeitshaushalt am nächstbesten Gebüsch regelten - während der Unterrichtszeit. Da ertappte ich in mir eine sehr deutsche Seite. Meine emotional leicht aufgeladene Belehrung gegenüber diesen drei glattrasierten Sportskanonen, dass dies ein Schulhof und keine öffentliche Toilette sei, hätte ich wahrscheinlich mit ein paar Veilchen bezahlt, wäre ich nicht in Begleitung einiger russischer Einheimischer gewesen. Doch zurück zum spielfreudigen Handybesitzer im Jogginganzug: Da ich mich zurückhielt, hoffte ich auf eine Reaktion der anderen Mitfahrer. Doch nichts dergleichen. Außer einigen irritierten oder auch leicht verwunderten Blicken konnte ich keinen Impuls ausmachen, der zu einer Beschwerde geführt hätte. Letztendlich sagte keiner was, obwohl es alle störte.
Bus beim Hauptbahnhof |
In Riga wurden übrigens in den letzten 10 Jahren aufgrund der Erneuerung der Busflotte enorm viele Arbeitskräfte gestrichen. Während es früher noch in jedem einzelnen Bus eine Fahrkartenverkäuferin gab, geht es heute moderner zu als beispielsweise in Berlin. Nun muss man seine vorher erworbene Fahrkarte mit Chip an eine elektronischen Ticketkontrolle halten. Nur ab und zu finden Fahrkartenkontrolleure den Weg in den Bus, aber dann nicht selten zu viert oder zu sechst. Schwarzfahren kostet in Riga übrigens 5 Euro - für viele Letten/Russen ist das bereits eine schmerzhafte Geldstrafe. Auffallend ist ein Video, das diesbezüglich in vielen Bussen hinter der Fahrerkabine zu sehen ist. Dort wird nämlich vorgeführt, wie sich ein guter lettischer Bürger verhalten soll. Erkennt er einen Störer (z. B. das Spielen von zu lauter Musik) oder jemanden, der sein Ticket nicht entwertet hat, soll er direkt die Nummer der Polizei wählen. Die kümmert sich dann um die verdächtigte Person, die ohne weitere Befragung von Polizisten mit schusssicherer Weste aus dem Bus geführt wird. Schon wieder kommen mir beim Betrachten dieses kurzen Films Gefühle hoch, die die hiesigen Bürger scheinbar nicht teilen: "Das ist doch eine Aufforderung zur Denunziation", denkt da die politisch korrekte Seele.
Mittwoch, 10. September 2014
Stender und die Letten
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Friedrich Gotthard Stender, von Unbekannt, via Wikimedia Commons |
Dies erläuterte Ruth Florack von der Universität Göttingen in ihrem gut zwanzigminütigen Vortrag über „Gellerts moralische Lehren – ein deutsch-lettischer Kulturimport“, einer von über vierzig Vorträgen, die in dem dreitägigen Programms stattfanden. Ein Teil der Tagung wurde im knapp eine Stunde von Riga entfernten Mitau (Jelgava) abgehalten, dem Ort, an dem Stender zwischen 1742 und 1744 als Konrektor an der Stadtschule arbeitete, bevor er für acht Jahre Pastor in Birsgallen (Birzgales pagasts) in der Nähe von Riga wurde. Stender war ein umtriebiger Mensch, der nicht nur häufig den Wohnort und die Stelle wechselte - er lebte unter anderem auch in Jena, Halle, Helmstedt, Braunschweig, Hamburg und auch Kopenhagen, wo er Professor der Geografie wurde, um nach nur zwei Jahren nach Kurland zurückzukehren.
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Denkmal von Friedrich Gotthard Stender in Eglaine, von anakes, via Wikimedia Commons |
Stender hat den Letten enorm viel weitergeholfen auf dem Weg zu ihrem eigenen Nationalgefühl, zu ihrer eigenen Kultur. Auch Krišjānis Valdemārs (1825-1891), der lettische Journalist und Förderer der Seefahrt, der sich als einer der ersten Bürger öffentlich als Lette bezeichnete (was damals, vor allem als gebildeter Mensch, undenkbar war), und sich als Mitbegründer der Bewegung der Jungletten einen Namen machte, bezog sich in seinen didaktischen Schriften auf Gotthard Friedrich Stender. Und der war sich seiner Bedeutung vermutlich bewusst, als er veranlasste, dass auf seinem Grabstein „Hier ruht G. F. Stender der Lette“ eingraviert wurde. Ein ermutigendes Statement, das ihm die Letten bis heute nicht vergessen haben. Kaum verwunderlich ist da, dass zeitgleich zur wissenschaftlichen Tagung in der neuen Lettischen Nationalbibliothek eine Ausstellung über den „Letten“ und seine Zeit mit dem Titel ”Lette. Zeugnisse des Lebens, der Gedanken und des Werks” eröffnet wurde.
Freitag, 5. September 2014
Russische Schule
Dass die Russen anders feiern als die Deutschen, dürfte ja weithin bekannt sein. Ja, sie sind ausgelassener, und dass vermutlich jeder zweite Mann nicht nur recht gut Gitarre spielen, sondern dazu auch noch Lieder von Vladimir Vysocki, dem legendären Moskauer Schauspieler und Liedermacher, singen kann, ist kein Klischee. Auch, was die Ausdauer beim Feiern betrifft, dürfte es keine zwei Meinungen geben.
Was
die Organisation von Veranstaltungen angeht, haben die Russen jedoch
noch Lernbedarf. Aber vielleicht möchten sie es auch gar nicht so
perfekt haben. So wie auf der Schuleröffnungsfeier der 'J.G.Herdera
Rīgas Grīziņkalna vidusskola' am vergangenen Montag, als am ersten
September die Kinder aus ihren dreimonatigen Ferien zurückkamen,
übrigens den längsten in ganz Europa. Da versammelten
sich die Kinder, Lehrer und Eltern bei strahlendem Sonnenschein auf
dem Hof vorm Haupteingang, während eine Rede nach der anderen
gehalten wurde, unter anderem auch von Nils
Ušakovs, dem amtierenden Bürgermeister von Riga. Es wurde nämlich
nicht nur der erste Schultag, sondern auch die Eröffnung der
neugegründeten Schule gefeiert. Da die Schülerzahlen in den letzten Jahren an vielen
Schulen stark gesunken sind, hat man nun aus zwei Schulen eine
gemacht. Eine davon ist die nun ehemalige 'Rīgas Herdera
vidusskola', eine russischsprachige Schule mit Deutsch als
Schwerpunkt. Sie musste aus ihrem langjährigen Haus in der Skolas
iela ausziehen und wurde nun mit der ehemaligen 'Rīgas Grīziņkalna
vidusskola' zusammengelegt.