Schade, dass sie schon vorbei ist, die Ausstellung von Vija
Celmiņa, oder, wie sie auf Englisch genannt wird, von Vija Celmins. Die Amerikanerin lettischer Herkunft wurde 1938 in Riga geboren und flüchtete mit ihrer Familie 1944 vor den Sowjets über Deutschland nach Amerika, wo sie bis heute lebt (New York). In den USA zählt sie zu den wichtigsten lebenden nordamerikanischen KünstlerInnen überhaupt. Hier in Riga waren ihre Werke bislang noch nie zu sehen (zumindest nach meiner Kenntnis nicht).
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Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014 |
Der Name der Ausstellung im Kunstmuseum Rigaer Börse "Doppelte Realität"
ist Programm, denn entweder sind es unglaublich detailierte und genaue,
fast immer in schwarz-weiß gestaltete Bilder mit Motiven aus
Alltagsgegenständen oder Strukturen in der Natur wie beispielsweise Spinnennetze, Sternenhimmel, die Oberflächen des Ozeans, der Wüste oder des Mondes. Es sind aber
auch Objekte zu sehen wie beispielsweise ein Stein, der dem daneben
liegenden "echten" Stein zum Täuschen ähnlich sieht, oder überdimensionale Gegenstände wie ein Bleistift oder ein Radiergummi. Es dreht sich also
immer wieder um die Wahrnehmung von Realität, um das, was wir glauben zu
sehen. Ein spannendes Thema, dass mich gerade beschäftigt, da ich ja
auch nach wie vor versuche, Riga mit neuen Augen wahrzunehmen. Ich muss
gestehen, dass es mir bislang noch nicht so gut gelungen ist, wie ich es
mir erhofft habe.
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Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014 |
Zu den ersten Arbeiten von Vija Celmins gehörten Anfang der 1960er Jahre vor allem Gegenstände aus dem Alltag, danach begann sie Fotos, fremde und eigene, als Vorlage für Ihre Bilder zu verwenden. Ganz besonders
interessant, finde ich, sind ihre Versuche von gleichen oder ähnlichen
Motiven in den verschiedendsten Techniken (
Gemälde, Graphit- oder Kohlezeichnungen, Schabkunstblätter, Aquatinta und Lithographien). Es scheinen sie immer wieder vor allem die kleinen, unscheinbaren, kaum sichtbaren Unterschiede zu faszinieren.
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Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014 |
Ein Satz aus einem ihrer Interviews geht mir nicht aus dem Kopf: "That what you see is what is there, and what is there is what you see." Malen bzw. Zeichnen scheint für sie die konzentrierte Erinnerung an das Gesehene zu sein. Und die Auseinandersetzung damit, dass das Gesehene eine ganz persönliche Wahrnehmung ist.
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Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014 |
Auf mich wirken die Werke von Vija Celmiņa auf der einen Seite kontemplativ, weil sie so überragend detailliert sind. Jeder Staubkorn, jeder Schatten, jede Falte wird von ihr erfasst und wiedergegeben. Auf der anderen Seite wirken die Bilder aufrüttelnd, so als würden sie einem mitteilen beziehungsweise auffordern, doch mal genauer hinzuschauen, nicht alles zu glauben, wach zu bleiben.
Diese Ausstellung ist ein echtes Highlight im Kulturhauptstadtjahr von Riga. Aber unglaublich schade, dass sie schon wieder vorbei ist, bevor der Sommer richtig angefangen hat.
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Foto: Mārtiņš Otto, Rīga 2014 |
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